Bergbach


Am 10. Juli ist es warm, schon morgens. Ich komme in den Raum und öffne erst alle Fenster.

Heute lasse ich mich von meiner Wanderung in den Ferien Ende Juni inspirieren. Auf dem Weg ins Tal gingen wir nämlich entlang eines tosenden Bergbaches. Dessen Farben und Texturen fand ich wunderschön: von Türkis, Grau, weisser Gischt über die ockerfarbenen Adern des Gesteins bis hin zum Schwarz des Schattens… also nehme ich heute mein nigelnagelneues Aquarellskizzenbuch und versuche mich darin in einer leichten Abstraktion dieser Farben und Texturen. Ich liebe diese Art zu malen - sie ist viel intuitiver als wenn ich versuche, etwas möglichst naturgemäss wiederzugeben.

Mit der ersten Skizze bin ich schon recht zufrieden. Kurz vor der Kaffeepause mache mich an die Zweite. Bei dieser finde ich am Ende, dass sie zu viel Braun/Schwarz hat und zu wenig Blau.

Ich lasse die Seite trocknen, was bei der Wärme recht schnell geht. Dann nehme ich mir vor, mich mehr auf das Blau zu konzentrieren. Ich bin aber schon etwas müde - wohl von der Wärme, die meine Finger anschwellen lässt - so dass ich beschliesse, kurz ein paar Besorgungen zu machen, bevor ich mich an die dritte Skizze wage.

Nach der Mittagspause mache ich mich an die erste Umsetzung auf Aquarellpapier. Irgendwie wird der wässerig-blaue Fleck viel kräftiger als in der Skizze. So richtig leuchtend blau-grün. Auch die Proportionen verändern sich nochmals. Ich bin nicht sicher, ob ich damit schon zufrieden bin.

Mich erinnert dies mehr als ans Meer als an einen Bergbach. Aber ich bin schon so unendlich müde von dieser Hitze. Meine nordischen Gene sind da nicht unbedingt von Vorteil…

Ich nehme einen letzten Anlauf. Die Farbe liegt jetzt etwas näher am Bergbach. Ich verwende dafür ein milchigeres Blau und ein klitzekleines bisschen Schwarz. Aber wie zu erwarten wird auch hier die Form wieder anders. Auch die Proportionen. Ich füge erst noch eine Form mit Bleistift hinzu, radiere sie dann wieder aus. Dabei verschmiere ich die blaue Farbe und beschliesse, aus der Not eine Tugend zu machen: ich verziere das Bild mit Farbspritzern. Passt schliesslich auch zu einem Bergbach ;-). Et voilà. Ich habe fertig. Nicht, dass es jetzt perfekt wäre. Ich kann schlicht nicht mehr. Es ist zu heiss.