Iris zum Dritten


Der 10. Mai ist ein merkwürdiger Tag. Ich stehe mit roten Augen auf, obwohl ich am Vortag weder Make-up verwendet noch geheult hatte. Und ich bin den ganzen Tag merkwürdig drauf. Auch Musik in den Ohren hilft mir nicht.

Am Anfang ging es noch. Ich nahm ein Stück gerollte Leinwand mit. Ich wusste, was ich wollte: eine weitere Iris malen, diesmal in Acryl. Und auf die braune, ungrundierte Seite der Leinwand. Weil mir das als Hintergrund gut gefällt.

Ich suche ein Bild als Vorlage, und dann lege ich los mit dem Vorzeichnen. Beim Grundieren der weissen Blütenfläche merke ich, dass sich die Leinwand darum herum zu wellen beginnt. Und zwar so stark, dass sich sogar das Klebband auf der Seite löst. Ich recherchiere im Internet: Acryl zieht sich beim Trocknen zusammen. Das bedeutet, dass ich die ganze Leinwand doch grundieren muss. Ich entscheide mich für ein Braun, dass der ursprünglichen Leinwandfarbe ähnlich ist.

Mit dem Grundieren bin ich vor der Mittagspause fertig. Am Nachmittag lässt sich die Leinwand dann wieder besser mit Klebband und Klammern befestigen. Sie ist immer noch gewellt, aber viel weniger als noch vor dem Mittag, als sich die Leinwand oben und unten zusammenrollte.

Es wird kein besonders langer Ateliertag. Meine Stimmung ist komisch, und entsprechend will mir auch nichts gelingen. So beschliesse ich, lieber etwas früher Feierabend und dafür noch einen Spaziergang zu machen.